Das Internet hat katastrophale Folgen. Vor allem für die Generation, die in einer Zeit aufgewachsen ist, in der jegliche gedruckte Information redaktionell und professionell geprüft wurde, um zumindest den gröbsten Unsinn herauszufiltern. Der unerschütterliche Glaube an das „Steht da schwarz auf weiß“ prägte bis ins zwanzigste Jahrhundert Generationen.
Und dann kam das Internet, das die Sender-Empfänger-Logik auf den Kopf stellte. Jetzt kann jeder beliebig veröffentlichen, schreiben, auf YouTube stellen, teilen, weiterleiten, um Aufmerksamkeit buhlen, täuschend authentisch wirkende Bücher als PDF veröffentlichen – und nicht zuletzt auch Zeitungsartikel fälschen, um auch noch dem absurdesten Unsinn einen zumindest oberflächlich seriösen Touch zu geben.
Ein bemerkenswertes Projekt macht es sich seit über fünf Jahren zur Aufgabe, für diese Falle der scheinbaren Authentizität zu sensibilisieren. Auf Paul Newsman können alle kostenlos einen beliebigen Text ins Layout eines Online-Zeitungsartikels bringen und auf einem fiktiven Nachrichtenportal als aufrufbaren Artikel bereitstellen. Erst ein genauerer Blick oder ein Klick auf einen Link erklärt, dass es sich bei dem Dienst nur um ein Scherzangebot handelt:

Im schulischen Kontext erlaubt Paul Newsman es, im Sinne der im Lehrplan verankerten Medienbildung zu thematisieren, was die Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit von Informationen ausmacht. Wenn sogar ich seriös wirkenden Nonsens ohne nennenswerten Aufwand produzieren kann, sollte ich da nicht sehr vorsichtig mit Informationen aus anderen Quellen umgehen?
Vielleicht noch lehrreicher für die Realität im Jahre 2021 ist die Tatsache, dass der Service vor ein paar Wochen massiv eingeschränkt wurde. Offenbar reichen in den „alternativen“ Telegram- und WhatsApp-Gruppen inzwischen schon gefakte Screenshots, um deren Mitglieder zu täuschen, in ihrer Meinung zu verstärken und Like-und-Share-Wellen auszulösen:

Wie sensibel das Thema ist, das war mir durchaus bewusst, als ich meine 9. Klasse darum bat, ähnliche Quatschartikel zu erstellen. Schließlich reicht es in unseren Zeiten schon, aus journalistischem Interesse an der Reichweitenforschung bewusst künstliche Verschwörungstheorien zu erfinden, und es werden sich immer Leute finden, die den größten Bullshit für bare Münze nehmen.
Von Paul Newsman wichen wir auf einen anderen Dienst aus, um es trotzdem auszuprobieren:

Wenn Sie auf sozialen Netzwerken demnächst von Schnecken lesen, die langsam und unauffällig unsere Hirne auffressen, weil Sie sich seit Langem fragen, warum die Menschen (außer Sie natürlich!) immer dümmer werden – Sorry, das war einer von uns.
Hallo Herr Piezinger,
ich (Kollegin) kenne Sie von einer Fortbildung und hier meine Frage:
Was verwenden Sie jetzt statt Paul Newsman?
Und noch eine ganz (noch unverbindliche Frage):
Klinken Sie sich auch als Fortbildner in Fachsitzungen Englisch ein? Ich veranstalte am 2. Dezember mit meiner Fachleiter Kollegin einen digitalen Großkampftag: erst sortieren und unser digitales Archiv bestücken, dann
SchilF mit verschiedenen Tools (von denen ich hauptsächlich von Ihnen weiß ;-)). Mein letzter Input waren die digitalen Bonbons.
Nun einfach mal grundsätzlich die Anfrage, ob Sie sich auch für begrenzte Zeit (evtl. eine gute halbe Stunde) in Fachsitzungen einklinken.
Über eine kurze Mail würde ich mich sehr freuen.
Vielen Dank im Voraus,
Martina Kindermann
Fachleitung E 2 am Städt. Marie-Therese-Gymnasium in Erlangen
By: Martina Kindermann on 20. Oktober 2021
at 21:12
Sehr gerne, am 2. Dezember bin ich im Augenblick noch nicht gebucht. Für genauere Absprachen bitte E-Mail-Kontakt.
By: Gerhard Piezinger on 31. Oktober 2021
at 16:38