Verfasst von: Gerhard Piezinger | 24. September 2019

Tauscht bitte die Hefte mit eurem Nachbarn

Alle machen eine Aufgabe, der Lehrer geht durch die Reihen, gibt vereinzelt Tipps, dann eine Musterlösung, alle korrigieren (idealerweise in einer anderen Farbe) ihr Ergebnis, fertig. Richtig und falsch, gut und schlecht: Der dicke Mann (/schlanke Frau) hinter dem Pult entscheidet.

Der Ansatz des Peer Assessment setzt hingegen darauf, dass sich Lerner gegenseitig unterstützen – Arbeitsergebnisse austauschen, analysieren und schließlich auch bewerten.

Ein Hefttausch am Ende einer Einzelarbeitsphase bzw. bei der Hausaufgabendurchsicht endet je nach Jahrgangsstufe und dem Grad der geistigen Reife der Schüler auch gern mal in zerknitterten Seiten und Füllerskizzen von Körperteilen oder -produkten, und die Ernsthaftigkeit der Korrekturanstrengungen ist in der Breite kaum abschätzbar.

Die Aktivität „Gegenseitige Beurteilung“ auf unserer bayerischen Lernplattform mebis (Moodle) bildet diese Herangehensweise im gemeinsamen Kursraum ab: Es gibt eine zentrale Aufgabe, die Schüler reichen sie ein, andere korrigieren und bewerten das Ergebnis.

Dazu kommen natürlich Zusatzfunktionen, die man auf Papier wohl nur aufwändig umsetzten könnte:

  • die genaue Definition von Kriterien der Beurteilung
  • die differenzierte numerische Bepunktung von Einzelaspekten und deren Gewichtung
  • die Möglichkeit, mehrere Klassenkameraden unabhängig voneinander drüber schauen zu lassen
  • die zufällige Zuordnung von Beurteilendem und Beurteilten
  • … die vollständige Übersicht für den Lehrer, wie die Korrektur und Bewertung erfolgt sind.

Im Nachgang bewertet ein Algorithmus sogar die Qualität des individuellen Schülerurteils selbst: Je weiter es vom Durchschnitt der anderen bei derselben Einreichung abweicht, desto weniger Punkte gibts. Beide Aspekte werden jetzt zu einer Endpunktzahl verrechnet – also die Bewertung des eigenen Beitrags durch die Mitschüler sowie auch die Treffsicherheit der eigenen Bewertung der Beiträge anderer. 

Gegenseitigbeurteilen

Am Ende steht dabei die Hoffnung, dass die Schüler die an sie gestellten Erwartungen präzise erfassen, ihre eigene Leistung neutral und kriterienorientiert einordnen können und sich letztlich auch am Leistungsstand der anderen orientieren.

Vor allem bei  komplexeren Aufgaben entscheidet schließlich auch in einer digitalen Lernumgebung nicht nur vorprogrammierte Software über die Bewertung von Schülerleistungen, sondern immer auch andere Menschen. Dem Urteil der Mitschüler wird möglicherweise mindestens ebenso viel Bedeutung beigemessen wie dem der Lehrkraft, aber wer weiß das schon …


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