Seit dem Erscheinen des ersten iPhones 2007 ist die Verzahnung der Smartphones mit Desktopsystemen die wohl größte Herausforderung für die Computerindustrie geworden. Bis dahin hatten die meisten Nutzer nur einen Hauptrechner und möglicherweise zusätzlich ein Notebook für den mobilen Einsatz, das dann kompliziert – oft noch auf Dateiebene mit USB-Sticks – manuell synchronisiert werden wollte. Mit MP3-Player, iPhone und Tablets entstand natürlich der Wunsch, diese Geräte automatisch synchron zu halten. Die Explosion der Cloud-Dienste, allen voran Dropbox, war die logische Folge. Aber schon bald reichten bloße Dateien nicht mehr, man wollte zunehmend auch auf dem Handy erfasste Termine, Adressen und Telefonnummern sowie unterwegs mit der Handykamera geschossene Fotos oder unterwegs gekaufte Musik automatisch und bequem auf allen Geräten zur Verfügung haben.
Zusätzlicher Druck entstand durch die zunehmende Vielfalt an Betriebssystemen: In Zeiten der Windows-Monokultur in der Computerwelt waren DOC, XLS und PPT die dominierenden Dateiformate, die sich allerdings als zunehmend unbrauchbar für die neue digitale Welt erwiesen – iPods, Android und iPads können diese zwar lesen, zur Weiterverarbeitung wurden diese proprietären Standards zunehmend ungeeignet. Und auch auf dem PC bzw. Laptop entdeckten immer mehr die Vorteile des quelloffenen Open-Office-Paketes, das sich wiederum überhaupt nicht mit den Mobilgeräten vertrug.
Google erkannte dies – wie so häufig – als erster und bot bereits ab Ende 2006 Google Drive (zunächst unter dem Namen Text und Tabellen, dann Google Docs) an. Plötzlich waren Dateiformate von gestern, man konnte über das Internet jetzt Texte beliebig teilen und gemeinsam an Texten und Tabellen arbeiten.
In diese Fußstapfen tritt jetzt Apple: Seit letzter Woche lassen sich Texte, Tabellen und Präsentationen über das Internet teilen und … bearbeiten! Die Besonderheit dabei ist, dass jeder, der den Link auf das Dokument besitzt, die Dateien nicht nur herunterladen und auf seinem eigenen Gerät weiterverarbeiten kann, sondern dies auch im Browserfenster möglich ist – völlig unabhängig von Gerät oder Betriebssystem. Apple bildet dazu auf der Webseite das Interface ihrer Textverarbeitung Pages, der Tabellenkalkulation Numbers und des Präsentationsprogramms Keynote äußerst detailgenau nach (zum Vergrößern klicken):Da war es dann letzte Woche mit der Einführung dieses Dienstes, bislang noch als Beta-Version gekennzeichnet, nur noch logisch, dass auch die Mac-OS-Anwendungen selbst zum Zweck der Angleichung an die in einem Webbrowser (und auf Mobilgeräten) verfügbaren Möglichkeiten 1. abgespeckt, 2. in der Benutzeroberfläche angepasst und 3. ab sofort kostenlos für Neugeräte (oder Besitzer der Vorversion) verfügbar gemacht wurden.
Langsam wird der Weg klar, den Apple offenbar bei der Integration von Mobilsystemen und Desktopsystemen beschreitet: Die iCloud ist das zentrale Bindeglied beider Welten, und beide werden behutsam in diese Richtung angepasst. Für uns Normalnutzer ist die Perspektive einer gewissen Offenheit, garantiert durch die Bearbeitbarkeit in jedem beliebigen Webbrowser auf jedem beliebigen Gerät, natürlich sehr vielversprechend.
Microsoft scheint mit sich mit Windows 8(.1) in eine grundsätzlich andere Richtung zu bewegen, für sie ist ein einheitliches Betriebssystem auf Handys, Tablets, Laptops und PCs das oberste Entwicklungsziel. Ein Konzept, das allerdings durch seine Fokussierung auf Dateien und Dateiformate den Rest des Marktes ausschließt und auch kommerziell bislang die hoch gesteckten Erwartungen kaum erfüllt.
Auch Ubuntu scheint sich mit der Entwicklung eines geräteübergreifenden Systems, trotz der verlockenden Ansätze, völlig zu überheben. Von Googles Chromebook habe ich schon länger nichts mehr gehört, es wird trotz Googles Innovationskraft und seiner Marktstellung vermutlich ein Nischenprodukt bleiben.
Was bedeutet diese Entwicklung jetzt für unsere Arbeit in der iPad-Klasse? Kollaborative Texterstellung haben wir bisher mit Moodle (Glossare, Wikis) und externen Tools wie Etherpad erledigt. Gemeinsame, editierbare Tabellen sind vielleicht für die Kollegen der Naturwissenschaften interessant – da muss ich mal nachfragen. Das gemeinsame Erarbeiten von Präsentationen scheint mir wirklich eine große Chance zu sein – demnächst mehr auf diesem Blog!
Nachtrag vom 30.10.2013:
Hier der Link zum Dokument für alle, die es selber mal ausprobieren wollen.
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